Schmerztherapie bei Hunden und Katzen
Die Begleitung von Tieren mit chronischen, schmerzhaften Erkrankungen wie Arthrose ist auch in Apotheken möglich!
Texte: DR. MED. VET. MATTHIAS SCHOLER
Auf Stufe der Apotheken ist insbesondere die Therapie akuter Schmerzen eingeschränkt, da die Ursachen für die Schmerzen meist nicht im Detail bekannt sind. Hingegen ist die Begleitung von Tieren mit chronischen, schmerzhaften Erkrankungen wie Arthrose auch in Apotheken möglich, wobei für ein optimales Schmerzmanagement eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem behandelnden Tierarzt zielführend ist.
Die Erkennung und Klassifizierung von Schmerzen gestaltet sich bei Hunden und Katzen sehr komplex. Denn Tiere versuchen grundsätzlich, sich Schmerzen nicht anmerken zu lassen. Dieses Verhalten geht wohl auf das Leben in freier Wildbahn zurück. Zeigt dort ein Tier Schmerzen oder Krankheitszeichen, fällt es schnell einem Raubtier zum Opfer oder wird zur Sicherheit der gesamten Herde von der Gruppe ausgestossen. Dieses stille Ertragen von Schmerzen kann man auch bei unseren Hunden und Katzen beobachten. So ist das faule Herumliegen des Stubentigers vielleicht gar nicht mit einer philosophischen Ader zu erklären, sondern bloss das Zeichen einer Bewegungsunlust aufgrund einer Arthrose.
Subjektive und objektive Schmerzbeurteilung
Die Grundlage einer Schmerzbeurteilung bildet die Beobachtung der Körperhaltung, des Gangs und Verhaltens. Die Verdachtsdiagnosen können dann mit vertieften klinischen Untersuchungen und bildgebenden Verfahren erhärtet werden. Bei chronischen Schmerzen sind für eine Schmerzbeurteilung die Beobachtungen seitens der Besitzer ein weiterer wichtiger Bestandteil des diagnostischen Verfahrens. Solche Informationen können auch helfen, graduelle Verhaltensänderungen des Tieres mit in das Schmerzmanagement einzubeziehen. Schlussendlich handelt es sich dabei jedoch immer um eine subjektive Beurteilung seitens der Besitzer und Tierärzte. Inwieweit beispielsweise ein radiologischer Befund tatsächlich mit Gelenksschmerzen korreliert, bleibt immer eine Annahme.
Zu den objektiven Messmethoden für die Schmerzbeurteilung gehören unter anderem die computergestützte Messung körperlicher Aktivität und Ganganalysen oder die Messung der Empfindungsschwellen bei Wunden. Solche Analysemethoden kommen derzeit jedoch im klinischen Alltag noch kaum zum Einsatz.
Schmerzbeurteilung bei Katzen …
Die Schmerzbeurteilung von Hunden und Katzen unterscheidet sich in einigen Punkten. So zeigen Katzen, die an Schmerzen leiden, typischerweise Stimmungsänderungen bis hin zu aggressivem Verhalten gegenüber Artgenossen oder sogar den Besitzern. Diese Wesensänderungen lassen sich teilweise auch mit dem Wegfall des Sprung- und Klettervermögens der Tiere erklären – sie fühlen sich dadurch schnell in die Enge getrieben und reagieren entsprechend gereizt. Zur genaueren Klassifizierung der Schmerzen existieren standardisierte Screeningtests (siehe Kasten). Dabei müssen die Besitzer verschiedene Fragen zum Verhalten beantworten oder aber das Verhalten ihrer Tiere filmen. Solche Informationen dienen den Experten als wichtige Puzzlesteine, um ein möglichst umfassendes Bild zu erhalten.
… und Hunden
Muskuloskelettale Pathologien sind bei Hunden die häufigste Ursache für chronische Schmerzen. Auch bei Hunden stellt neben einer eingehenden klinischen Untersuchung die Schilderung des Verhaltens durch die Besitzer eine wichtige Säule bei der Schmerzbeurteilung dar. Dabei stehen weniger aggressives Verhalten im Vordergrund, sondern Veränderungen im Alltag wie gestörtes Schlafverhalten, die Unfähigkeit lange zu stehen und ungewöhnliche Körperpositionen beim Liegen, Gehen, Treppensteigen etc.
Schmerzmanagement bei chronischen Schmerzen
Ein umfassendes Management umfasst grundlegend drei Stufen. Auf Stufe 1 kommen NSAIDs, Omega-3-Fettsäuren und/oder monoklonale Antikörper gegen den Nervenwachstumsfaktor (NGF) zum Einsatz. Flankierend gehört eine Gewichtskontrolle, Übungen zur Bewegungsoptimierung und Anpassung der Umgebung (beispielsweise Rampen anstelle Treppen, bessere Schlafplätze) dazu. Eine Gabe tierspezifischer Phytotherapeutika kann ebenfalls unterstützend in Betracht gezogen werden.
Auf Stufe 2 kann die medikamentöse Therapie angepasst werden, um neuropathische Schmerzen besser kontrollieren zu können. Dazu eignet sich unter anderem der Wirkstoff Gabapentin. Zusätzlich muss auch phasenweise eine Therapieerweiterung mit Steroiden in Betracht gezogen werden. Auf Stufe 3 können Opioide zum Einsatz kommen und es sollten operative Eingriffe geprüft werden, um erkrankte Gelenke zu stabilisieren.
Wichtig: Aufgrund einer unterschiedlichen Pharmakokinetik und von Stoffwechselunterschieden sollte auf einen Einsatz von Schmerzmitteln aus der Humanmedizin bei Tieren verzichtet werden.
Skalen und Scores zur Beurteilung chronischer Schmerzen
Für Katzen:
- Feline Musculoskeletal Pain Index
- Montreal Cat Arthritis Test
- Feline Grimace Scale
Für Hunde:
- Sleep and Nightlife Restless Evaluation
- Canine Brief Pain Inventory
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