Ohrenschmerzen

Regelmässig klagen Kundinnen und Kunden in der Apotheke über Ohrenschmerzen

Autor: DR. ALEXANDER VÖGTLI, PHARMACIEN

Regelmässig klagen Kundinnen und Kunden in der Apotheke über Ohrenschmerzen. Häufig liegen die Ursachen im äusseren Gehörgang oder im Mittelohr, die voneinander durch das Trommelfell getrennt sind.

Wiederkehrend suchen uns Kundinnen und Kunden in der Apotheke auf und klagen über Ohrenschmerzen. Dabei ist eine tiefgehende Abklärung erforderlich, um herauszufinden, woher die Schmerzen stammen und ob allenfalls eine Weiterleitung zu einem Arzt oder einer Ärztin erforderlich ist.

«Ohrenschmalz ist kein Schmutz.
Es schützt das Ohr vor Infektionen
und Austrocknung.»

Blick ins Ohr mit dem Otoskop

Das Otoskop ist ein medizinisches Instrument mit einer Lampe und Lupe, das erlaubt, in den äusseren Gehörgang und auf das Trommelfell zu sehen. Die Untersuchungsmethode wird als Otoskopie bezeichnet. Heute wird sie nicht nur in Arztpraxen, sondern auch in zahlreichen Apotheken im Beratungsraum durchgeführt, weil sie viele Vorteile mit sich bringt. Der Blick ins Ohr zeigt zum Beispiel, ob der äussere Gehörgang entzündet ist, ein Ohrenschmalzpfropf vorliegt oder es sich um eine Mittelohrentzündung handelt. Die meisten Ohrentropfen dürfen nur verwendet werden, wenn das Trommelfell intakt ist, also kein Loch aufweist. Vor der Abgabe der Tropfen ist es daher generell ratsam, das Ohr mit dem Otoskop zu untersuchen.

Entzündung des äusseren Gehörgangs

Eine akute Entzündung des äusseren Gehörgangs, die sogenannte Otitis externa, wird in den allermeisten Fällen von Bakterien verursacht. Häufige Erreger sind Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus aureus. Seltener sind Hefe- oder Schimmelpilze die Auslöser. Die Otitis externa kann sich in Schmerzen, Juckreiz, einem Ausfluss, Gehörstörungen und einem Völlegefühl äussern. Beim Blick ins Ohr mit dem Otoskop zeigen sich Schwellungen und Rötungen. Ein Druck auf den Tragus (Knorpel am Eingang des Gehörgangs) verursacht Schmerzen.

Zu den Risikofaktoren gehören unter anderem Wasser im Gehörgang (Schwimmen), Hauterkrankungen und eine übertriebene Hygiene, welche die Hautbarriere schwächt. Für die Behandlung werden topische Desinfektionsmittel, Antibiotika und Glucocorticoide als Ohrentropfen verabreicht. Off-Label werden auch Augentropfen verwendet, weil nicht alle Wirkstoffe als Ohrentropfen verfügbar sind. Systemische Antibiotika, zum Beispiel Tabletten oder Suspensionen für Kinder, kommen nur zum Einsatz, wenn sich die Infektion weiter ausbreitet, was glücklicherweise nur selten vorkommt. Die Schmerzen können mit Schmerzmitteln wie beispielsweise Ibuprofen und Paracetamol behandelt werden.

Für die Vorbeugung werden häufig Ohrentropfen verwendet, die sogenannten Tauchertropfen, die in Apotheken hergestellt werden. Verwendet wird zum Beispiel eine Mischung der Essigsäure mit Propylenglykol als Träger.

Ohrenschmalzpfropf

Ein Ohrenschmalzpfropf kann genauso Ohrenschmerzen verursachen, hier stehen aber Hörstörungen, Ohrgeräusche (Tinnitus) und ein unangenehmes Völle- oder Druckgefühl im Vordergrund. Eine wichtige Rolle spielen die individuellen anatomischen und physiologischen Gegebenheiten. Ein enger Kanal, viele Haare oder die Bildung von hartem Ohrenschmalz tragen zur Entstehung bei. Ausserdem werden die Sekretionen bei der Reinigung mit Wattestäbchen nach hinten geschoben, wo sie sich ansammeln und eindicken. Der Gehörgang soll nur im vorderen Bereich mit einem Waschlappen gereinigt werden. Eine übermässige Hygiene wird nicht empfohlen, weil das Schmalz wichtige Funktionen für die Pflege der Haut und für die Vorbeugung von Infektionen und Entzündungen hat.

Die sogenannten Cerumenolytika sind flüssige Zubereitungen, mit denen das Ohrenschmalz aufgeweicht und verflüssigt werden kann. Im Anschluss wird eine Ohrenspülung durchgeführt. Es werden zahlreiche Substanzen verwendet, zum Beispiel Wasserstoffperoxid 3 %, fette Öle wie Mandel- und Olivenöl, Fettsäureester, Kochsalzlösungen und verdünnte Essigsäure.

Eine nützliche und von Ihren Kundinnen und Kunden geschätzte Dienstleistung ist die Ohrspülung in der Apotheke. Auch hier ist ein Blick ins Ohr unbedingt erforderlich, um abzuklären, ob überhaupt ein Pfropf vorhanden und das Trommelfell intakt ist.

Mittelohrentzündung

Die akute Mittelohrentzündung (Otitis media) ist eine typische Krankheit des Säuglings- und Kindesalters. Hier findet das Krankheitsgeschehen im Mittelohr statt, dem Bereich hinter dem Trommelfell mit den Gehörknöchelchen. Die daneben gelegene Hörschnecke zählt nicht zum Mittel-, sondern zum Innenohr. Die Mittelohrentzündung wird von Bakterien verursacht, wobei häufig eine Virusinfektion wie eine Erkältung vorausgeht. Die Viren bereiten den Bakterien den Weg vor. Die Erreger können über die Eustachi-Röhre zum Mittelohr gelangen, welche die Paukenhöhle des Ohrs mit dem Nasenrachenraum verbindet. Typische Beschwerden sind unerträgliche Ohrenschmerzen, Hörstörungen und Fieber. Das Trommelfell ist matt, gerötet und leicht nach aussen gewölbt. Dahinter zeigt sich die Ansammlung des Eiters in der Paukenhöhle, der sich bei einem zunehmenden Druck und einer Trommelfellperforation in den äusseren Gehörgang entleert. Der Vorteil dabei ist, dass die Schmerzen nachlassen, weil der Druck abgebaut wird.

Für die Behandlung der Schmerzen und Entzündung bietet sich Ibuprofen an, das für Kinder auch als Suspension zur Verfügung steht. Die Infektion wird mit Antibiotika eingedämmt, die heute allerdings zurückhaltender verabreicht werden, wenn definierte Kriterien erfüllt sind. Abschwellende Nasensprays verbessern den Abfluss über die Eustachi-Röhre und fördern den Druckausgleich.

Der Apotheker Dr. Alexander Vögtli arbeitet in der Apotheke in Disentis/Mustér im Bündner Oberland. Er ist der Gründer und Autor des PharmaWiki, des grössten Medikamentenlexikons der Schweiz. Dort sammelt er das gesamte pharmazeutische Wissen und stellt es unentgeltlich zur Verfügung.

Newsletter

Jetzt anmelden!