Lehrmeister Gebirge

Reinhold Messner: Der «Eroberer des Nutzlosen»

TEXT: MARTIN SAURER

Reinhold Messner: Der «Eroberer des Nutzlosen» ist einer der bekanntesten Bergsteiger und Abenteurer unserer Zeit. Gerade in lebensfeindlichen Landschaften wie dem Hochgebirge vollbrachte er Leistungen, die bis dahin als unmöglich galten. Diesen Herausforderungen stellte er sich stets nur mit dem nötigsten Material.

Angetrieben wurde der Südtiroler durch seine Leidenschaft für das traditionelle Bergsteigen. Aber auch Widerstand und Schicksalsschläge liessen ihn nicht aufgeben, sondern motivierten ihn umso mehr, seine Projekte zu verwirklichen. So setzten seine Expeditionen neue Massstäbe, nicht nur für das Höhenbergsteigen im Himalaya.

Liebe zu den Bergen

Reinhold Messner wurde am 17. September 1944 im Südtiroler Brixen geboren. Als fünfjähriger Junge verbrachte er erstmals einen Sommer auf einer nahegelegenen Alm, umgeben von schönsten Dolomiten. Begeistert von diesem Erlebnis entfloh er immer wieder aus dem eingeengten Tal hinauf in die Berge. Für die Kinder in seinem Heimatdorf war das die einzige Möglichkeit sich auszutoben. Mit zehn Jahren war das Klettern und Bergsteigen zu seiner Leidenschaft geworden. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder Günther erkletterte er im Kindes- und Jugendalter jeden Berggipfel rund um Brixen und sammelte so bereits sehr früh viel praktische Erfahrung.

Reinhold Messner empfand die Schule als bremsend für seine Entwicklung. Die Berge boten ihm alles Nötige, um fürs Leben zu lernen. In all seinem Schaffen sah der Bergsteiger die Natur mit ihren unwirtlichen Landschaften als Lehrmeisterin. Nicht nur im sportlichen Sinne bot sie ihm Möglichkeit zum Erfahren und Lernen. Auch für das Finden und Stärken seiner Persönlichkeit waren die durchgeführten Expeditionen essenziell.

Höhepunkte des Bergsteigens

Bis 1970 war Reinhold Messner hauptsächlich in den Alpen aktiv, wo er zahlreiche Erstbegehungen verwirklichte. Dadurch erhielt er den Ruf, einer der besten Bergsteiger Europas zu sein. So wurde er 1970 zu einer Himalaya-Expedition zum Nanga Parbat eingeladen: Durch die 4500 Meter hohe Rupalwand sollte der 8125 Meter hohe Gipfel erreicht werden. Zusammen mit seinem Bruder Günther gelang die Besteigung, beim ungeplanten Abstieg über die Diamirflanke fiel dieser einer Lawine zum Opfer. Reinhold Messner entkam dem Tod ebenfalls nur um Haaresbreite. Trotz dieses schweren Schicksalsschlags entschloss er sich dazu, mit dem Bergsteigen weiterzumachen.

Bis 1986 gelang es dem Extrembergsteiger als Erster alle 14 Achttausender der Welt zu besteigen, und das ohne Zuhilfenahme von Flaschensauerstoff. Auch wurde er 1978 für den ersten Alleingang auf einen Achttausender, den Nanga Parbat, bekannt. Als weitere Höhepunkte seiner Karriere als Abenteurer seien die Durchquerungen der Antarktis, von Grönland und der Wüste Gobi zu nennen.

Traditionelles Bergsteigen

Reinhold Messner hat der Welt immer wieder gezeigt, dass das «Unmögliche» möglich werden kann. Dabei hat sich der Südtiroler dem traditionellen Bergsteigen verschrieben. Während es im Bergsport um stets neue Rekorde geht, stehen beim traditionellen Bergsteigen das Unterwegssein im Gebirge sowie Respekt und Ehrfurcht vor den Bergen im Vordergrund. Dabei wird nur das nötigste Material verwendet und nichts in der Natur zurückgelassen. Obwohl Reinhold Messner so manchen Rekord aufgestellt hat, bezeichnet er sich selbst als Kreativitätsgetriebenen. Dabei verfolgte er seine Ziele immer mit grosser Leidenschaft und stets im Einklang mit der Natur. «Der Mensch ist nichts im Vergleich zu der Natur, und ein Berg macht nie Fehler», so Reinhold Messner.

Der begnadete Abenteurer wird auch als «Eroberer des Nutzlosen» bezeichnet. Sein gesamtes Schaffen beruht darauf, dass er Projekte und Pläne entwirft und diese anschliessend umsetzt. Dabei erfindet er sich immer wieder neu, wagt sich auf unbekannte Wege und kann sich bei seinen Vorhaben wiederholt von Neuem entdecken. So kehrt Reinhold Messner von jeder seiner diversen Expeditionen mit einem grossen Fundus an Erkenntnissen und Gelerntem nach Hause zurück.

Aktuelle Projekte

Zwischen 1995 und 2012 wurden in den italienischen Provinzen Südtirol und Belluno sechs verschiedene Museumsstandorte eingeweiht, die zusammen das Messner Mountain Museum bilden. Die Museen wurden von Reinhold Messner ins Leben gerufen; an jedem Standort wird ein bestimmter Schwerpunt des Bergsteigens beleuchtet. Von seiner Frau Diane werden zusammen mit den Museen sein Erbe und seine Haltung der Natur und den Bergen gegenüber weitergeführt.

Nahe Sexten soll in einer alten Bergstation am Helm ein Institut für traditionelles Bergsteigen gestaltet werden, wo Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Jugendarbeit im Mittelpunkt stehen. Ab Sommer 2025 soll das Institut seine Tore öffnen, die Umbauten sind grösstenteils abgeschlossen und das Einrichten beginnt. Ziel ist, mit Menschen ins Gespräch zu kommen und den Austausch zwischen Alt und Jung bezüglich der 250-jährigen Bergsteigertradition zu fördern. So sollen die Werte des traditionellen Bergsteigens in die Zukunft getragen werden.

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