Allergien auf Arzneimittel
Wenn Medikamente gefährlich werden
Autor: CHRISTIANE SCHITTNY, APOTHEKERIN
Medikamentenallergien unterscheiden sich von den klassischen Arzneimittelnebenwirkungen durch ihre zugrunde liegende immunologische Pathophysiologie. Sie betreffen etwa fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung und können in unterschiedlichen Schweregraden auftreten.
Allergien gegen Arzneistoffe stellen ein relevantes medizinisches Problem dar, das oft eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert. Fortschritte in der Diagnostik und Therapie sowie ein verstärktes Bewusstsein für die Thematik können dazu beitragen, die Sicherheit und Effektivität von Arzneimitteltherapien zu verbessern.
«Allergien auf Arzneimittel
betreffen bis zu zehn Prozent
der Bevölkerung.»
Von harmlos bis lebensbedrohlich
Manche allergischen Reaktionen treten unmittelbar nach Einnahme des betroffenen Medikaments auf. Dazu gehören vor allem Hautreaktionen wie Pruritus, Schwellungen oder Erytheme, die sich auf der Haut oder im Mund- und Rachenbereich bemerkbar machen können.
Andere Reaktionen können sich auch verzögert nach einigen Tagen bis Wochen nach Einnahme des Medikaments zeigen. Dabei stehen Beschwerden wie stark juckende Exantheme, schmerzhafte Rötungen und Einblutungen der Haut oder ein allgemeines Krankheitsgefühl mit Fieber und Abgeschlagenheit im Vordergrund.
Die schwerste Form der allergischen Reaktion ist ein anaphylaktischer oder allergischer Schock. Unmittelbar nach Kontakt mit der auslösenden Substanz kann es zu Atemnot, Bewusstseinsstörungen, Herzrhythmusstörungen, Magen-Darm-Beschwerden und Erbrechen kommen. Hier handelt es sich um einen Notfall!
Schwer vorhersehbar
Prinzipiell kann jedes Medikament eine allergische Reaktion auslösen, doch wenige, oft verwendete Medikamente sind für einen Grossteil aller allergischen Vorfälle verantwortlich. Dazu zählen Antibiotika (vor allem Penicilline, Cephalosporine und Sulfonamide), Schmerz- und Rheumamittel (zum Beispiel Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen oder Mefenaminsäure), Arzneimittel gegen Epilepsien sowie Narkose- und Röntgenkontrastmittel. Einige pflanzliche Wirkstoffe besitzen ebenfalls ein nicht zu unterschätzendes Allergiepotenzial (zum Beispiel Kamille, Teebaum- oder Pfefferminzöl).
Eine allergische Reaktion auf ein Medikament ist meist nicht oder nur schwer vorhersehbar. Es gibt kaum Anhaltspunkte, die darauf schliessen lassen, wer von einer Allergie betroffen sein könnte und wer nicht. Das Risiko, eine Allergie zu entwickeln, ist von vielen individuellen Faktoren abhängig. Nicht nur der Wirkstoff selbst, sondern auch dessen Stoffwechselprodukte können Allergien auslösen.
Tests nicht immer zuverlässig
Es ist oft schwierig, eine Medikamentenallergie zu diagnostizieren. Einen ersten Anhaltspunkt kann die zeitliche Korrelation zwischen der Medikamenteneinnahme und den Symptomen geben. Hauttests oder Epikutantests können zur Identifikation des allergieauslösenden Wirkstoffs beitragen. Labortests wie die Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper sind hilfreich, jedoch nicht immer zuverlässig. In komplexen Fällen wird eine kontrollierte Medikamentenprovokation unter strenger ärztlicher Aufsicht durchgeführt.
Bei Verdacht auf eine Medikamentenallergie sollte der betroffene Wirkstoff konsequent gemieden werden. Leichtere Hautsymptome können durch antiallergische oder kortisonhaltige Cremes gemildert werden. In schwereren Fällen hilft die orale Verabreichung von Antihistaminika und Kortikosteroiden. Bei lebensbedrohlichen Zuständen wird Adrenalin eingesetzt.
Auf der sicheren Seite
Wer an einer Medikamentenallergie leidet, sollte sich einen Allergiepass ausstellen lassen und diesen auch immer auf sich zu tragen. Dort werden Medikamente und andere Substanzen aufgelistet, gegen die eine Allergie besteht. Bei einem Notfall kann so eine Fehlmedikation verhindert werden.
Betroffene sollten alle behandelnden Ärzte über ihre Medikamentenallergie informieren. Die Stammapotheke, bei der alle verschriebenen Medikamente zusammenlaufen, gewährt maximale Sicherheit. Nicht zuletzt der Allergiker selbst sollte den Namen des Wirkstoffs präsent haben – und nicht nur den Medikamentennamen, denn dieser kann in anderen Ländern verschieden lauten – und jeweils überprüfen, was er einnimmt. Dies gilt insbesondere auch für Medikamente, die ohne Rezept bezogen werden.
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