Knigge im Beruf
Der gute Ton macht’s aus
Autor: FABRICE MÜLLER
Knigge im Beruf Gute Umgangsformen sind wieder gefragt. Besonders auch im Berufsleben, wo sie für eine erfolgreiche Zusammenarbeit, Kundenbeziehung und Karriere entscheidend sind. Doch was gilt es dabei alles zu beachten? Was gehört zum guten Ton?
Gute Umgangsformen sind heute wieder gefragt. Das war jedoch nicht immer so, wie Christian Leschzyk von der Imageagentur «Stilgerecht» in Wolfhalden berichtet. «Nachdem vor 50 Jahren grosser Wert auf die Etikette gelegt wurde, rückte die Bedeutung guter Umgangsformen seit der 68er-Bewegung bis vor wenigen Jahren in den Hintergrund. Dank IT und Internet sind viele junge Firmen entstanden, die auch ohne Etikette Erfolg hatten. Inzwischen betonen wieder mehr Firmen Werte wie Vertrauen, Zuverlässigkeit, Freundlichkeit usw.» Wie kam es zu diesem Sinneswandel? Christian Leschzyk stellt fest: «Man ist zur Erkenntnis gekommen, dass für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Menschen nicht nur Fach-, sondern auch Sozialkompetenzen nötig sind. Erst, wenn wir den Menschen für uns gewinnen können, ist er offen für Fachkompetenzen.»
Umgangston als Teamstärkung
Drei Faktoren
Was gehört heute zum guten Ton in der Arbeitswelt? Laut Christian Leschzyk stehen folgende drei Faktoren im Zentrum: Aussehen, Verhalten und Kommunikation. Im ersten Eindruck – zum Beispiel bei einem Bewerbungs- oder Kundengespräch – entscheidet 55 Prozent das Aussehen über den Erfolg des Treffens. Deshalb ist es wichtig, dass man sich an die Dresscodes der Branche hält, um den Erwartungshaltungen gerecht zu werden. Tätowierungen und Piercings sollten je nach Branche nicht offen getragen werden.»
Das Verhalten prägt die Zusammenarbeit im Geschäftsalltag. Pünktlichkeit wird grossgeschrieben, ebenso rasche Reaktionszeiten am Telefon oder im E-Mail-Verkehr. Die Absender erwarten auf ihren Anruf oder ihre E-Mail laut Leschzyk eine Antwort binnen eines Tages. Ein grosses Problem sei heutzutage die fehlende Aufmerksamkeit gegenüber den Gesprächspartnern – zum Beispiel bei der Begrüssung: «Hier reicht der Händedruck nicht. Man muss bewusst auf das Gegenüber zugehen und ihm mit Aug und Ohr Aufmerksamkeit schenken», betont der Stilberater.
Dies gelte genauso beim Umgang mit Handy und Co. Wer das Handy bei einem Gespräch auf den Tisch legt, signalisiert, dass ihm ein möglicher Anruf wichtiger ist als der Gesprächspartner am gleichen Tisch. Dient das Handy auch als Agenda, sollte dies zu Beginn des Gesprächs erklärt werden; der dritte Faktor schliesslich, die Kommunikation, werde heute durch Schnelligkeit und Knappheit geprägt. «Höflichkeit ist nicht mehr gefragt», bedauert Leschzyk. Dabei spiele gerade die höfliche und respektvolle Kommunikation eine wichtige Rolle, um Anerkennung und Wertschätzung im Beruf zu erhalten.
«Gute Umgangsformen stärken das
Selbstvertrauen und schaffen
Sicherheit im Umgang mit Kunden.»
Umgangsformen als Wettbewerbsvorteil
Christian Leschzyk ist überzeugt, dass gute Umgangsformen für die Berufskarriere von grosser Bedeutung sind. Vor allem die ältere Generation, die in der Regel geschäftsführende Positionen einnimmt und somit für die Karriereentwicklung der jüngeren Mitarbeitenden prägend ist, achte noch stark auf den guten Ton. Besonders Personalberater nehmen die Umgangsformen in Vorstellungsgesprächen genau unter die Lupe. Angesichts des herrschenden Konkurrenzkampfs in allen Branchen können gute Umgangsformen einen Wettbewerbsvorteil darstellen, ist Leschzyk überzeugt. Denn: «Wer freundlich und zuvorkommend auftritt, wird positiv wahrgenommen. Dies wiederum führt zu einer höheren Kundenbindung und einer grösseren Chance, vom Kunden weiterempfohlen zu werden.»
Nachhaltig und praxisnah
Gute Umgangsformen sind lernbar. In seinen Seminaren sensibilisiert Christian Leschzyk die Teilnehmenden zuerst für das Thema, dann vermittelt er ihnen mit praxisnahen Tipps, wie sie diese in ihrem Berufsalltag anwenden können. «Manche Firmen beziehungsweise Teams setzen sich regelmässig an Teamsitzungen mit den Umgangsformen auseinander und erreichen dadurch eine nachhaltige Wirkung», berichtet Leschzyk. Sehr schnell werde dabei erkannt, dass gute Umgangformen und eine freundliche Kommunikation zwar in manchen Punkten ein Umdenken erfordern, sich aber schnell auszahlen – monetär ebenso wie auch durch einen entspannteren Umgang mit den Kunden. «Zu wissen, was die Kunden erwarten, bringt Sicherheit und stärkt das Selbstvertrauen», sagt Christian Leschzyk. Gleichzeitig stehen gute Umgangsformen für ein starkes Marketinginstrument. Der Kunde sei heute bereit, etwas mehr zu bezahlen, wenn der Service darum herum für ihn stimme.
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