Gesunder Intimbereich
Beschwerden im Urogenitalbereich gehören zu den häufigsten Frauenleiden
Autor: REBEKKA THÖNI TOBLER
Beschwerden im Urogenitalbereich gehören zu den häufigsten Frauenleiden – Schamgefühle hemmen Frauen oft, Hilfe einzufordern, obschon viele Beschwerden einfach therapierbar wären.
Juckreiz, Trockenheit und Brennen im Scheidenbereich sowie Harnwegsinfekte und Harninkontinenz gehören alle zu den urogenitalen Beschwerden. Wie pflegt man den Intimbereich, um eine gesunde Scheidenflora zu haben, die präventiv wirkt gegenüber Infektionen, Dermatosen und Atrophie?
Gesunde Vaginalflora
Ein gesunder Intimbereich zeichnet sich durch eine natürliche Besiedelung der Scheide mit Mikroorganismen aus. Lactobacillen (auch Milchsäure- oder Döderlein-Bakterien genannt) wandeln Glykogen zu Milchsäure um, sorgen für einen sauren pH-Wert (3,8–4,4) und beugen so Infektionskrankheiten vor. Normalerweise ist der vaginale Fluor weisslich-milchig, geruchlos sowie von cremiger Konsistenz.
Nach einer Behandlung mit Antibiotika während der Schwangerschaft und ab den Wechseljahren (pH-Anstieg auf über 5) verändert sich das Scheidenmilieu. Nahrungsergänzungsmittel mit guten Milchsäurebakterien helfen, die Vaginalflora wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Tipps zur Pflege des Intimbereichs
Vulvovaginale Atrophie
Die vaginale Trockenheit wird häufig durch einen Östrogenmangel verursacht – betroffen sind nicht nur Vulva und Vagina, sondern auch Blase und Harnröhre. Bis zu 85 Prozent der über 40-jährigen Frauen leiden an Scheidentrockenheit und bis zu 60 Prozent an Dyspareunie. Etwa 25 Prozent der jungen Frauen unter oraler Kontrazeption leiden unter einer Atrophie. Die hormonelle Umstellung verändert ebenfalls das Mikrobiom der Scheide und erhöht die Infektanfälligkeit.
Symptome
– Trockenheitsgefühl, Juckreiz und Brennen im Intimbereich
– Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie)
– Inkontinenz
– Erhöhte Infektanfälligkeit
Ursachen
– Menopause
– Schwangerschaft und Stillzeit
– Hormonelle Kontrazeptiva mit niederem Östrogenanteil
– Grunderkrankungen: Endometriose, Diabetes mellitus, Multiple Sklerose, chronisch-entzündliche Erkrankungen (Lichen sclerosus, Sjörgen-Syndrom)
– Chemotherapeutika, Antiöstrogene (nach Mammakarzinom), Antidepressiva, Antihistaminika
– Übergewicht
– Rauchen
– Übertriebene Intimhygiene
Therapie
– Befeuchtungsmittel: Gleitcreme nur für den Geschlechtsverkehr verwenden, sonst langwirksame Feuchthaltecremes und Vaginalzäpfchen in der Scheide anwenden: Diese enthalten meist Glycerin, Hyaluron- oder Milchsäure.
– Fettende Intimpflege: als Schutz und zur Linderung der Beschwerden; nur ausserhalb der Scheide anwenden.
– Lokale Östrogentherapie (Creme, Ovula, Gel): Östriol-(E3)- sind Östradiol-(E2)-haltigen Präparaten vorzuziehen (systemische Wirkung verhindern). Indiziert bei stark ausgeprägten Symptomen, wenn befeuchtende und fettende Pflege nicht ausreicht. Zudem bei Frauen mit Harninkontinenz und wiederkehrenden Harnwegsinfekten. Anwendung vor dem Schlafengehen. Die lokale Östrogentherapie ist kontraindiziert bei Mammakarzinom.
– Lasertherapie: wirksame, aber kostspielige Alternative, wenn lokale Östrogene kontraindiziert sind.
Vulvadermatosen
Wenn es juckt und brennt im Intimbereich, wird oft eine Pilzinfektion vermutet – viel häufiger sind jedoch Ekzeme und Lichenerkrankungen.
Vulvaekzem
Das Ekzem ist die häufigste nicht infektiöse und nicht kanzerogene Erkrankung an den äusseren weiblichen Geschlechtsteilen (Scheidenvorhof, Schamlippen und Klitoris).
Ursachen
Inkontinenz, zu intensive Intimhygiene oder eine Kontaktallergie. Ein Vulvaekzem kann darüber hinaus eine Sonderform der atopischen Dermatitis sein.
Therapie
Weglassen der irritativen (Slipeinlagen, Tampons, Nylonunterwäsche, Duftstoffe …) und allergisierenden (Chlorhexidin, Latex, Nickel …) Substanzen. Gute Hautpflege (Mandelölsalbe, Schutzbalsam) und lokale Intervalltherapie mit Steroiden der Klasse II bis III (zum Beispiel Emovate®, Elocom®, Betnovate®). Bei der atopischen Dermatitis lokale Calcineurininhibitoren (Elidel®, Protopic®) anwenden. Lokal kühlen.
Lichen sclerosus
Der Lichen sclerosus wird auch Weissfleckenkrankheit genannt und ist die häufigste juckende Hauterkrankung der Vulva. Die chronisch-entzündliche Erkrankung verläuft in Schüben und betrifft die Genital- und Analregion. Frühzeitige Diagnose und gute Therapie verhindern Komplikationen wie Narben, Atrophie und Karzinome.
Symptome
Juckreiz, dünne, glänzende und trockene Schleimhaut mit Rissen, Brennen und Schmerzen. Weissliche Vernarbungen und Flecken mit offenen, schwer heilenden Stellen. Dyspareunie. Schliesslich Atrophie der Genitalregion mit Form- und Grössenveränderung.
Therapie
Regelmässige gynäkologische Kontrollen, um neoplastische Veränderungen früh zu erkennen. Lichen ist nicht heilbar, aber gut behandelbar: gute Hautpflege und Intervall-Kortisontherapie (siehe oben).
Vaginalinfektionen
Bakterielle Vaginose
In der vaginalen Flora besteht eine Dysbiose mit weniger Lactobacillen und mehr pathogenen Keimen wie Gardnerella vaginalis sowie andere Anaerobier. Der pH-Wert steigt auf 4,5–5,5 an. Bakterielle Vaginosen erhöhen das Risiko einer Beckenentzündung und während der Schwangerschaft die Gefahr einer Frühgeburt.
Symptome
Vermehrter grauer und wässriger Ausfluss, manchmal mit Schaumbildung sowie ein fischartiger, unangenehmer Geruch. Meist keine Entzündungszeichen. Die Hälfte der infizierten Frauen hat keine Symptome.
Therapie
Lokal mit Metronidazol oder Clindamycin. Partnertherapie nicht notwendig. Wiederaufbau der Vaginalflora mit zum Beispiel Gynoflor® Vaginaltabletten und Nahrungsergänzungsmitteln sinnvoll.
Candidose
Es können sowohl Vulva als auch Vagina betroffen sein, zusammen nennt man es Vulvavaginalcandidose. Meistens ist der Erreger Candida albicans, der eine östrogenisierte Scheide benötigt, um infektiös zu sein. Der pH-Wert bleibt unter 4,5. Typischerweise tritt die Pilzinfektion prämenstruell oder nach Antibiotikagabe auf. Frauen nach der Menopause haben andere Auslöser der Pilzinfekte.
Symptome
Vaginaler Juckreiz, meist zusätzlich eine Entzündung (brennend, gerötet, geschwollen), zuerst dünnflüssiger, später krümeliger (Hüttenkäse), aber immer geruchloser Fluor.
Therapie
Lokal mit Imidazol-Derivaten (Clotrimazol, Econazol) oder Ciclopiroxolamin während drei (bis sechs) Tagen. Anschliessend Kur mit Milchsäurebakterien.
Gynäkologische Abklärung notwendig:
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