Was macht uns glücklich?
Höchstes Gut und Ziel
Autor: FABRICE MÜLLER
Höchstes Gut und Ziel Alle Menschen träumen davon, glücklich zu sein. Was Glück letztlich bedeutet, ist individuell. Trotzdem deuten Studien auf gewisse Faktoren hin, die das Glück begünstigen.
Viele Menschen träumen davon, für einige Zeit aus dem Alltagstrott auszubrechen und etwas völlig Neues zu wagen. Unter dem Titel «Auszeit statt Auto» veröffentlichte das Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) eine Studie, die aufzeigt, dass die Menschen anstelle von Luxusgütern immer häufiger essenzielle Erfahrungen, Zeit und Sinn-Erlebnisse wie zum Beispiel eine Auszeit suchen. Dabei hoffen sie, ausserhalb von materiellen Werten ihr Glück zu finden.
Halb Deutschland träumt von der beruflichen Auszeit – zu diesem Schluss kommt die Sabbatical-Studie des Meinungsforschungsinstituts Fittkau & Maass. Mit 43 Prozent wollen mehr als vier von zehn Deutschen eine Auszeit im Job nehmen. Als Beweggründe nannten die Befragten den Wunsch, zu reisen und mehr Zeit für sich und seine Interessen zu haben. Knapp dahinter wollen viele neue Perspektiven und zu sich selbst finden.
Drei Arten von Glück
Die Chinesen sprechen von drei Geschenken – von drei Glücks: dem Himmelsglück, dem Menschenglück und dem Erdenglück. Unter Himmelsglück versteht man die Fähigkeiten und Eigenschaften, die wir für das Leben mitbekommen; Menschenglück ist das, was wir selbst daraus machen; und das Erdenglück schliesslich wird uns von der Erde geschenkt.
Doch was versteht man unter Glück? In der Definition von Glück kommen viele Begriffe zum Zug, zum Beispiel Wohlbefinden, Zufriedenheit oder Lebensqualität. Der griechische Philosoph Aristoteles etwas beschreibt Glück als das höchste Gut und Ziel des menschlichen Lebens. Seiner Ansicht nach ist ein Mensch glücklich, wenn er das machen kann, was seinem eigenen Charakter und der individuellen Lebensaufgabe entspricht. Das, was einen Menschen wahrhaftig glücklich macht, ist sehr unterschiedlich und individuell.
Glückliche Schweiz
Der Einfluss auf das persönliche Glück kann zum Beispiel vom Umfeld, in dem ein Mensch lebt, abhängen. Studien zeigen: Menschen sind wesentlich glücklicher, wenn sie sich in grünen und natürlichen Umgebungen aufhalten, als wenn sie beispielsweise gerade in der Stadt sind. In der Schweiz – reich, sicher und idyllisch – müssten die Menschen besonders glücklich sein. Tatsächlich geben auch knapp zwei Drittel der Schweizerinnen und Schweizer an, zufrieden mit ihrem Leben zu sein. Dies hat eine von der SRG in Auftrag gegebene Umfrage unter knapp 60 000 Personen ergeben. Die meisten Befragten fühlen sich sehr häufig glücklich, ruhig, erfüllt und geliebt. Aber auch im weltweiten Vergleich steht die Schweiz gut da, landete sie doch beim «World Happiness Report», herausgegeben von der UNO, auf Platz acht. Damit verliert sie im Vergleich zum Vorjahr zwar vier Ränge, führt aber mit anderen nordischen Ländern weiterhin den Weltzufriedenheitsindex an.
Dankbarkeit als Glücksfaktor
Wenn die einen glücklich sind, gilt das oft auch für viele andere. Denn: Glück ist ansteckend. Positive Beziehungen, die Verbundenheit mit anderen Menschen, gilt laut der Glücksforschung als eine der grundlegendsten Bedürfnisse und ein wichtiger Glücksfaktor.
Ebenfalls von mehreren Studien bestätigt wurde zum Beispiel der Einfluss von Dankbarkeit auf das Wohlbefinden. Das bedeutet: Wer dankbar ist, ist glücklich. Wissenschaftlich bewiesen wurde es durch den US-Psychologieprofessor Robert Emmons. Mit einem Experiment wollte er herausfinden, was es bringt, Dankbarkeit zu kultivieren. Im Rahmen dieser Studie führten Versuchspersonen zehn Wochen lang ein Tagebuch, allerdings mit unterschiedlichen Anweisungen: Eine Gruppe musste jeweils fünf positive Dinge notieren, die sich in der Woche zugetragen hatten und für die sie dankbar war. Die andere Gruppe sollte fünf Schwierigkeiten nennen, die sie zu bewältigen hatte. Resultat: Die Dankbaren fühlten sich um 25 Prozent glücklicher. Sie empfanden eine höhere Zufriedenheit mit ihrem Leben. Ausserdem hatten sie weniger gesundheitliche Probleme als die Teilnehmer der anderen Gruppe, sie waren entspannter und schliefen besser.
Macht Geld glücklich?
Wie ist das mit Geld: Macht Geld glücklich? «Mehr Geld hängt positiv mit besserem Wohlbefinden zusammen. Das gilt aber nur bis zu einem bestimmten Grad», gibt Dr. Michaela Knecht vom Psychologischen Institut der Universität Zürich zu bedenken. Seien die Grundbedürfnisse einmal befriedigt und die Grundkosten für ein mehr oder weniger sorgenfreies Leben gedeckt, bedeute mehr Geld nicht automatisch, dass man auch glücklicher sei. «Es kommt ganz darauf an, was man mit dem Geld macht», so die Psychologin.
Eine Forschergruppe der Harvard Universität hat in verschiedenen Studien untersucht, ob es einen Unterschied für das eigene Wohlbefinden macht, ob man Geld für sich selbst oder für andere ausgibt. Die Forscher haben gesehen, dass sich Menschen weltweit besser fühlen, wenn sie Geld für andere ausgeben. Dieser Zusammenhang ist unabhängig davon, ob jemand aus einem armen oder reichen Land kommt und auch unabhängig von der Kultur, in der die Menschen leben. In 120 von 136 in der Studie eingeschlossenen Ländern rund um den Erdball haben die Forschenden gefunden, dass sich Menschen, nachdem sie Geld für andere ausgegeben haben, glücklicher als vorher gefühlt haben.
Schenken macht glücklich
Wie sieht es nun aber aus, wenn wir uns selbst etwas kaufen? In zwei weiteren Studien wurde laut Michaela Knecht genau das untersucht. Eine Gruppe von Teilnehmenden musste sich an eine Situation erinnern, in der sie etwas für sich selbst gekauft hatten, die andere Gruppe an eine Situation, in der sie etwas für jemand anderen gekauft hatten. Anschliessend wurden alle Teilnehmenden nach Ihrer Stimmung gefragt. Diejenigen Personen, die sich an die Situation erinnerten, in der sie etwas für jemand anderen gekauft hatten, waren glücklicher als die Personen, die sich an die Situation erinnerten, in der sie für sich selbst etwas gekauft hatten. Also allein die Erinnerung an eine Situation, in der wir etwas verschenkt haben, macht uns glücklich. Auch diese Studie wurde in unterschiedlichsten Kulturen (Uganda, Kanada und Indien) durchgeführt und ergaben die gleichen Ergebnisse. «Diese Resultate zeigen, dass es positive Auswirkungen auf unser Wohlbefinden hat, wenn wir anderen etwas geben. Es macht uns glücklicher, anderen etwas zu kaufen als uns selbst. Es scheint, dass dieses Phänomen für Menschen aller Kulturen rund um den Erdball gilt. Wenn Sie also etwas Gutes für sich selbst tun möchten, können Sie einfach auch Geld für andere ausgeben. Insofern kann Geld also doch glücklich machen», kommt Michaela Knecht zum Schluss.
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