Corporate Behaviour
Zwischen Marketing, Identität und Wertekultur
Autor: FABRICE MÜLLER
Corporate Behaviour Als Teil der Corporate Identity regelt das Unternehmensverhalten, auch Corporate Behaviour genannt, den Verhaltenskodex gegenüber Kunden und Mitarbeitenden. Trotz seines wichtigen Einflusses auf Image und Marketing wird es vielerorts immer noch stiefmütterlich behandelt.
Was kann ein Beratungsunternehmen tun, um im Rahmen einer Marketingkampagne gleichzeitig am Image und Markenbild zu arbeiten? Auf dem Weg zu einem ganzheitlichen Auftritt setzte sich das vorliegende Beispiel-KMU mit Fragen nach den eigenen Werten und Zielen auseinander: Wer sind wir? Wie wollen wir wahrgenommen werden? Wie verhalten wir uns intern gegenüber unseren Mitarbeitenden? Und extern gegenüber Kunden, Lieferanten und Öffentlichkeit? Das familiär geführte Unternehmen hat sich zum Beispiel zum Ziel gesetzt, die gelebte Familienkultur ebenfalls gegenüber seinen Geschäftspartnern zu pflegen – etwa mit einer direkten, ehrlichen Kommunikation oder mit kurzen Entscheidungswegen.
Bestandteil der Corporate Identity
Wie sich ein Unternehmen nach aussen hin gegenüber Kunden, Lieferanten, Behörden, Medien usw. sowie nach innen gegenüber den Mitarbeitenden verhält, welche Werte es dabei vertritt, ist Bestandteil des sogenannten Corporate Behaviour (CB) – auch Unternehmensverhalten genannt. «Das CB ist ein zentraler Bestandteil der Corporate Identity (CI) und gilt als klassisches strategisches Marketinginstrument», erklärt Alexander Bürgin, Geschäftsführer und Inhaber der Marketingagentur «we dot» aus Frick. Die Agentur hat sich auf die strategische Beratung von Unternehmen spezialisiert und lässt dabei bewusst das CB in die Marketingstrategien einfliessen. «Die Erfahrungen aus den letzten 20 Jahren haben gezeigt, dass die Kunden besser über Produkte oder Firmen informiert sind – auch über Missstände. Deshalb hat das CB einen wesentlichen Einfluss auf den Erfolg des Marketings und auf das Image einer Firma», begründet Alexander Bürgin. Eine schlechte Reputation sei Gift für Werbung und Marketing – und meist nur schwer wieder gutzumachen.
Grundlage für erfolgreiches Marketing
CB muss von allen getragen werden
Auf dem Weg zum CB sollten sich die Unternehmen Gedanken machen, wie sie in der Öffentlichkeit sowie intern wahrgenommen werden wollen. In einem solchen Prozess spiele die Herausforderungen und Anforderungen des Markts eine ebenso wichtige Rolle wie die internen Prozesse und Werte. «Das Unternehmensverhalten muss von allen im Betrieb getragen werden», sagt der Marketingexperte und gibt zu bedenken, dass hinter einem Verhaltenskodex komplexe zwischenmenschliche und strategische Prozesse stehen. Davon sei auch die Führungskultur betroffen. In diesem Sinne habe das CB einen wichtigen Einfluss auf das Betriebsklima.
Geprägt von der Branchenkultur
Manchmal wird das Unternehmensverhalten ebenso von externen Einflüssen wie etwa der Branchenkultur geprägt. Den dort gängigen CB-Werten kann sich ein Unternehmen nicht verschliessen, sondern sollte diese im Idealfall sogar noch übertreffen. «Durch die Fluktuation von Mitarbeitenden innerhalb der Branche übertragen sich solche Werte meist von einem Unternehmen auf das andere. Denn die neuen Mitarbeitenden bringen ihren Rucksack mit den Erfahrungen vom alten Arbeitsplatz mit», schildert Alexander Bürgin. Für die Umsetzung des CB im Unternehmen sei eine gute interne Kommunikation wichtig. Alexander Bürgin empfiehlt, alle Mitarbeitenden in einem Workshop zu schulen, sodass die Umsetzung einheitlich sei.
Mittel- bis langfristig
Im Gegensatz zu Werbe- und Verkaufsmassnahmen hat das Unternehmensverhalten einen mittel- bis langfristigen Effekt auf den Erfolg einer Firma. Laut Alexander Bürgin zahlen sich Investitionen in das CB erst in ein bis zwei Jahren oder gar noch später aus. Trotzdem solle nicht darauf verzichtet werden, weil die Art, wie sich ein Unternehmen gegenüber seinem Umfeld verhalte, stets auch die übrigen Marketingmassnahmen beeinflusse. Wirkung entfalte das CB allerdings nur, wenn es glaubwürdig und authentisch gelebt werde – als Teil der firmeneigenen DNA. Eine oberflächliche Wertekultur ohne Verankerung im Unternehmen bringe selten den gewünschten Erfolg, ist Alexander Bürgin überzeugt. Wie etwa beim sogenannten «Green Washing», bei dem Unternehmen eine Nachhaltigkeit vortäuschen, die sie jedoch nicht umsetzen.
Nachholbedarf bei Schwer- und Pharmaindustrie
Während viele Firmen, die im Umweltschutzbereich tätig sind, ihr CB meist konsequent leben und umsetzen, gebe es andere Branchen, bei denen der Nachholbedarf an einem konsequenten CB grösser sei – dazu gehören laut Alexander Bürgin zum Beispiel die Schwerindustrie, die Pharmabranche oder auch manche Verbände. Oftmals lassen sich mit kleinen Massnahmen grosse Wirkungen erreichen – zum Beispiel mit einem besseren Kundendienst oder über einen bewussten Umgang mit Ressourcen. Die Schweiz stehe als Dienstleistungsgesellschaft bezüglich Unternehmensverhalten gut da, ist Alexander Bürgin überzeugt. Vielleicht gerade deshalb, weil in der Öffentlichkeit die Wertekultur der Unternehmen kritisch beobachtet wird.
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