Suchtprävention

Blauer Rauch und farbig-duftende Gadgets

Autor: Andrea Söldi

Während andere Länder strikt gegen die Machenschaften der Tabakindustrie vorgehen, gewichtet man in der Schweiz die freie Wirtschaft regelmässig höher als die Gesundheit. Die Suchtprävention ist oft am kürzeren Hebel.

Über das neue Tabakgesetz wurde im Vorfeld in den eidgenössischen Parlamenten hart gerungen: Während Gesundheitsfachleute strengere Regeln verlangten, lobbyierte die Tabakindustrie ziemlich erfolgreich. Im internationalen Vergleich ist das seit Anfang Oktober 2024 geltende Gesetz denn auch eher milde ausgefallen.

Doch immerhin: Neu ist auf öffentlichem Grund keine Plakatwerbung mehr erlaubt und auf privatem Grund nur noch, wenn sie nicht von aussen gesehen werden kann. Werbegeschenke sind verboten und Nikotinprodukte dürfen schweizweit nur noch an Erwachsene verkauft werden – auch E-Zigaretten. Zuvor galt in vielen Kantonen die Altersgrenze 16 und in Schwyz und Appenzell durften sogar Kinder Zigaretten kaufen.

Online- und Printwerbung bleibt aber erlaubt, was die Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz kritisiert. Sie hält das Gesetz für ungenügend und fordert die rasche Umsetzung der Initiative «Kinder ohne Tabak», die das Stimmvolk im Februar 2022 deutlich angenommen hat. Damit sollen Kinder und Jugendliche vor Tabakwerbung geschützt werden.

Junge anfixen

Mit allzu offensiver Zigarettenwerbung wagen sich die Tabakkonzerne zwar heute nicht mehr an die Öffentlichkeit. Der Marlboro-Mann mit Lasso und Cowboystiefeln sowie das Versprechen der grossen Freiheit sind längst tabu.

Weil Zigarettenrauch immer mehr verpönt ist und nicht mehr als cool gilt, promotet die Branche nun vor allem E-Zigaretten. Teilweise sind dies farbige Sticks – sogenannte Puff Bars – mit fruchtig-süssen Aromen. «Diese zielen bewusst auf Jugendliche ab», sagt Markus Meury von der Stiftung Sucht Schweiz. Die meisten Geräte dieses Typus würden Nikotinsalze enthalten. «In dieser Form macht die Substanz besonders schnell süchtig.» Das Vorgehen ist bewusst: Die Industrie weiss nur zu gut, dass die meisten Raucherinnen und Raucher im Jugendalter mit dem Qualmen beginnen. Wenn sie diese Zielgruppe nicht erreicht, wird ihr irgendwann die Kundschaft ausgehen.

Besser als Zigaretten

Produkte, die Tabak verdampfen statt verbrennen, sind zwar ziemlich sicher weniger schädlich als herkömmliche Zigaretten oder Zigarren. Sie erzeugen bis zu 95 Prozent weniger Schadstoffe. Langzeitstudien gibt es jedoch noch keine. Während für Raucherinnen und Raucher der Umstieg höchstwahrscheinlich sinnvoll ist, könnten E-Zigaretten bei Jugendlichen den Einstieg ins Rauchen begünstigen.

Die meisten Produkte enthalten zudem Nikotin, teilweise in höheren Dosen als erlaubt. Diese Substanz stimuliert die Ausschüttung von Hormonen und Neurotransmittern im Gehirn, was die Wahrnehmungsfähigkeit und Konzentration steigert sowie den Appetit hemmt. «Nikotin macht so stark süchtig wie Heroin», betont Präventionsexperte Meury.

Einige E-Zigaretten enthalten auch Zusatzstoffe, welche die Nikotinaufnahme beschleunigen. Die Lungenliga rät vor allem von Systemen mit erhitztem Tabak ab. Denn bei hohen Temperaturen von bis zu 350 Grad Celsius konnten Studien ebenfalls eine kleine Menge Rauchpartikel nachweisen. Weniger gesundheitsgefährdend sind wahrscheinlich Erhitzungsprodukte, die mit tiefen Temperaturen von etwa 30 Grad funktionieren.

Australien macht Ernst

Ein wirksamer Hebel gegen die Nikotinsucht ist auch die Preisgestaltung, vor allem bei finanziell weniger gut gestellten Bevölkerungsgruppen wie etwa Jugendlichen. Während ein Paket Zigaretten in der Schweiz für rund acht Franken zu haben ist, zahlt man in Australien unterdessen bis zu 40 Franken. Rauchen ist dort zudem praktisch überall in der Öffentlichkeit verboten und folglich immer weniger populär. Hierzulande haben derart rigorose Regeln jedoch einen schweren Stand. Die Verantwortung, die Jugend vor dem Gesundheitslaster zu bewahren, bleibt zu einem grossen Teil an Schule und Eltern hängen.

Sucht hat viele Gesichter

Rauchen ist legal und immer noch relativ populär, weshalb es zusammen mit Alkohol zu den grössten Risiken für die Gesundheit gehört. Suchtpräventionsstellen befassen sich jedoch auch mit diversen weiteren Substanzen, die teilweise illegal sind – darunter vor allem Cannabis, aber darüber hinaus Partydrogen wie Ecstasy, LSD, Amphetamine und Kokain, Medikamente wie Tranquilizer und starke Schmerzmittel sowie Crack und Heroin. Dazu kommen zahlreiche Verhaltenssüchte wie Glücksspiel-, Online-Konsum-, Pornografie- und Kaufsucht. So verschieden die Auswirkungen bei all diesen Arten sind, so vielschichtig sind Präventions- und Therapieansätze.

Umfassende Informationen bieten Organisationen wie www.suchtschweiz.ch, das Bundesamt für Gesundheit https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesund-leben/sucht-und-gesundheit.html oder kantonale Anlaufstellen wie etwa http://www.suchtpraevention-zh.ch/. Ein Leitfaden, der Eltern Tipps gibt, wie sie ihre Kinder auf verschiedene Suchtthemen ansprechen können, findet sich hier: shop.addictionsuisse.ch/de/eltern/91-179-rauchen-mit-jugendlichen-darueber-sprechen.html.

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