Harnwegsinfekte

Die Leitung(en) immer gut durchspülen

Autor: ANDREA SÖLDI

Blasenentzündungen sind bei Frauen häufig. Meistens können sie ohne Antibiotika behandelt werden. Wichtig ist auch die Prophylaxe.

Das Übel ist vielen Frauen nur allzu gut bekannt: ein Brennen im Unterleib und starker Harndrang kurz nach dem Toilettengang. Manchmal beobachten sie ebenfalls eine trübe Farbe des Urins und einen unangenehmen Geruch. Dies alles sind verlässliche Zeichen für einen Harnwegsinfekt. Die Entzündung beginnt in der Blase (Cystitis) und kann unbehandelt aufsteigen bis in die Nieren. Eine Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) ist meist von Fieber begleitet und macht sich durch ein Ziehen im mittleren Rücken bemerkbar.

Verleider intimer Momente

Bei Frauen sind Harnwegsinfekte deutlich häufiger als bei Männern. Weil ihre Körperöffnungen im Intimbereich nahe beieinander liegen, können Bakterien vom Damm und aus dem Darmbereich leichter in die Harnröhre verschleppt werden. Zudem ist diese bei Frauen einiges kürzer als bei Männern. Häufig treten Blasenentzündungen auch nach dem Geschlechtsverkehr auf, weil Bakterien dabei in die Harnröhre gedrückt werden. «Es gibt zwei Peaks im Leben einer Frau», sagt die Basler Gynäkologin Anna M. Wagners. «Die erste Häufung tritt auf, wenn die sexuelle Aktivität beginnt. Man spricht dabei von Honeymoon-Infektionen.»

Zweitens seien Frauen in der Abänderungsphase anfälliger, sagt Wagner. Mit der hormonellen Umstellung werden die Schleimhäute in der Vagina und Harnröhre dünner. Somit können Keime besser aufsteigen. Die unterschiedliche Anatomie im Intimbereich mit kürzerem oder längerem Damm sei wahrscheinlich der Grund, weshalb einige Frauen sehr häufig mit dem Problem konfrontiert seien und andere verschont blieben, erklärt Wagner. Etwas anfälliger sind Frauen zudem in der Schwangerschaft, weil sich die Harnwegsorgane unter dem Einfluss des Hormons Progesteron leicht weiten und die Gebärmutter mit zunehmendem Gewicht immer stärker auf die Blase drückt, womit sich diese leicht absenkt. In Ausnahmefällen können aber auch ältere Männer mit vergrösserter Prostata eine Blasenentzündung erleiden.

Schmerzmedikament und sanfte Mittel

Noch vor Kurzem griffen Ärztinnen und Ärzte bei einem Harnwegsinfekt fast reflexartig zu Antibiotika, um einer Ausweitung auf die Nieren vorzubeugen. Doch wegen des immer stärkeren Problems der Antibiotikaresistenzen sind die meisten unterdessen vorsichtiger geworden. Vor allem bei jungen Frauen könne man eine Blasenentzündung meist ohne Antibiotika behandeln, sagt Anna M. Wagner. «Man weiss heute, dass ein reines Schmerzmittel gleich effektiv ist.» Die Infektion heile von selbst wieder ab. Unterstützend können rezeptfreie Mittel auf der Basis von Hibiskus oder Mannose-Zucker wirken. Die natürliche Zuckerart bindet Bakterien und verhindert somit, dass sie sich an den Wänden der Harnwege anheften. Voraussetzung für diese sanfte Therapie sei jedoch, dass sich kein Blut im Urin finde sowie dass keine Symptome wie Fieber oder Rückenschmerzen vorhanden seien, betont die Gynäkologin. Letzteres würde auf eine Pyelonephritis hinweisen.

Chronifizierung vermeiden

Treten Blasenentzündungen immer wieder auf, stehen weitere Behandlungsmethoden zur Verfügung. Gute Erfahrungen macht Anna M. Wagner etwa mit einer Impfung, die verhindert, dass Keime über die Harnröhre in die Blase wandern. Sie wird in Form von Kapseln über drei Monate hinweg eingenommen. Neuerdings ist zudem eine klassische Impfung angeboten. Sie bewirkt eine Immunisierung gegen die häufigsten Bakterien, die zu einer Blasenentzündung führen. Weiter kommt eine Blaseninstallation infrage. Dabei wird die Schleimhaut in der Blase mit Hyaluronsäure gezielt wieder aufgebaut. Dabei handelt es sich um eine körpereigene Substanz, die ein wichtiger Bestandteil der Schutzschicht an der Blaseninnenwand ist und auch in der Gelenkflüssigkeit enthalten ist. Bei der Behandlung wird das Gel über einen dünnen Katheter in die Blase gespritzt. Nach einer halben Stunde darf man auf die Toilette gehen. Die Therapie muss allerdings mehrmals wiederholt werden.

Die beiden Ansätze könnten manchmal einen Teufelskreis durchbrechen, erklärt Anna M. Wagner. «Mit jedem Infekt wird die Schutzschicht etwas mehr geschädigt. Es kommt zu wunden Stellen, die bluten können. Durch diese können Keime erneut gut eindringen.»

So lassen sich Blasenentzündungen oft vermeiden:


  • Harnsystem durchspülen: Täglich mindestens 1,5 Liter trinken.
  • Ob die im Handel als Blasentee angepriesenen Kräuterprodukte die heilende Wirkung verbessern, ist umstritten. Gemäss dem Deutschen Konsumentenmagazin Ökotest, das diverse Produkte getestet hat, ist die Datenlage am besten für Ackerschachtelhalmkraut, Birkenblätter, Brennnesselblätter, Goldrutenkraut, Hauhechelwurzel, Orthosiphonblätter, Queckwurzelstock und samenfreie Gartenbohnenhülsen. Von anderen pflanzlichen Mitteln rät das Magazin ab. Zum Teil wurden Pestizid-Rückstände gefunden oder der Nutzen sei schlicht nicht nachgewiesen. Bärentraubenblätter stehen zudem unter Verdacht, krebserregend zu sein.
  • Vor dem Geschlechtsverkehr: Genügend trinken, nachher sofort aufstehen und Wasser lassen.
  • Richtige Intimhygiene: Nach dem Wasserlassen nur abtupfen, nicht von hinten nach vorne wischen. Tägliche Reinigung der Intimgegend, am besten mit rückfettendem Duschöl. Den Damm regelmässig mit fettender Creme pflegen.
  • Wasserlösen nicht aufschieben, damit sich Keime in der Blase nicht zu stark vermehren können.
  • Vorbeugen: Bei Anfälligkeit mit Cranberry- oder Preiselbeersaft vorbeugen: Täglich 3 Deziliter reinen Saft trinken oder Kapseln einnehmen.

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