Vitamin C
Der Radikalenfänger
Autor: KLAUS DUFFNER
Vitamin C (oder Ascorbinsäure) hilft beim Aufbau von Bindegewebe, Knochen, Zahnfleisch und Hormonen, stärkt die Immunabwehr und schützt so vor Zellschäden. Schon eine halbe Peperoni deckt den täglichen Bedarf.
Wer als Matrose im 16., 17. oder 18. Jahrhundert länger auf den Weltmeeren unterwegs war, fürchtete sich – mehr noch als vor Piraten – vor Skorbut. Dessen Symptome wurden von den Kapitänen in ihren Logbüchern genau beschrieben: unendliche Müdigkeit, Zahnfleischentzündung, lockere Zähne, Muskel- und Gelenkschmerzen, Hautausschläge, Haarausfall, Infektionen sowie Blutungen der Haut und der Schleimhäute. Auf manchen Schiffen starben bei einer Überfahrt mehr als die Hälfte der Seeleute an dieser Erkrankung.
«Wer als Matrose im 16., 17. oder 18. Jahrhundert länger auf den Weltmeeren unterwegs war, fürchtete sich – mehr noch als vor Piraten – vor Skorbut.»
Erste Vermutungen
Obwohl die überlebenden Matrosen bemerkten, dass sich ihr Gesundheitszustand an Land rasch verbesserte, dauerte es erstaunlich lange, bis klar wurde, dass dies mit frischem Obst und Gemüse zu tun haben musste. Den ersten «wissenschaftlichen» Versuch, etwas Licht in dieses Geheimnis zu bringen, gelang 1753 dem schottischen Marinearzt James Lind. Er teilte zwölf an Skorbut erkrankte Matrosen in sechs Gruppen ein: Je zwei Männer erhielten Apfelwein, verdünnte Schwefelsäure, Essig, Meerwasser, Orangen und Zitronen oder eine «Medizin». Schon nach wenigen Wochen hatte sich der Gesundheitszustand des «Zitronenduos» erheblich verbessert, während er sich bei den anderen weiter verschlechterte.
In den Folgejahren luden immer mehr Expeditionen Kisten voller Zitronen oder Sauerkraut (das ebenso reich an Vitamin C ist) in den Bauch ihrer Schiffe, so etwa 1776 James Cook. Ab etwa dem Jahr 1800 musste auf den Schiffen der britischen Royal Navy schliesslich stets Zitronensaft oder Sauerkraut mitgeführt werden, eine Massnahme, die bald von anderen kopiert wurde.
Vielfältige Funktionen
Allerdings gelang es erst 1928, die lebenserhaltende Substanz zu isolieren, die vor allem in frischem Obst reichlich vorhanden ist: Vitamin C. Heute weiss man, dass die L-Ascorbinsäure (ein weiterer Name) an vielen Stoffwechselprozessen beteiligt ist. So wirkt die Säure antioxidativ, das heisst, sie fängt im Körper schädliche Verbindungen wie freie Radikale und reaktionsfähige Sauerstoffmoleküle ab und schützt so die Zellen vor Schäden.
Zudem hat sie Einfluss auf das Ablesen von Genen, die für die Produktion von Proteinen verantwortlich sind, die wiederum für den Aufbau von Blutgefässen und anderen Organen benötigt werden. Vitamin C wird ebenfalls gebraucht zur Herstellung des Bindegewebes (Kollagen), der Knochen und Zähne, bei der Hormonproduktion sowie bei der Verwertung x einem Glas Orangensaft entspricht. Die Matrosen der frühen Seefahrer hätten bereits mit 10 bis 20 mg/Tag, das entspricht beispielsweise einer halben Hagebutte, den Skorbut vermeiden können – wenn ihnen die Bedeutung von Vitamin C bekannt gewesen wäre.
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