Wie sich Zucker aufs Hirn auswirkt
Auswirkungen auf Demenz und kognitive Funktionen
Autor: SUSANNA STEIMER MILLER
Weltweit leiden immer mehr Menschen an Krankheiten, die das Hirn betreffen. Dazu zählen Demenz, Parkinson, Schlaganfall oder Migräne. Ein Risikofaktor für die Hirngesundheit ist der hohe Zuckerkonsum.
Am internationalen World Brain Day im Juli 2024 wurden die Ergebnisse einer Studie der Bill & Melinda Gates-Stiftung veröffentlicht. In der Studie wurde die Zahl der verlorenen Lebensjahre für insgesamt 288 Erkrankungen ermittelt. Unter den zehn häufigsten Todesursachen befinden sich zwei Krankheiten, die das Hirn betreffen: der Schlaganfall und Demenzerkrankungen.
Massnahmen für ein gesundes Gehirn
40 Prozent aller Fälle von Demenz und 90 Prozent aller Schlaganfälle wären vermeidbar. Zu den wichtigsten Präventionsmassnahmen zählt ein gesunder, aktiver Lebensstil mit ausreichend Bewegung und Schlaf. Ausserdem ist es sinnvoll, schädliche Substanzen wie Alkohol, Nikotin oder andere Drogen und Schadstoffe zu meiden.
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie und die Deutsche Hirnstiftung sehen Zucker als weiteren Demenztreiber. Prof. Dr. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung, erklärt: «Natürlich ist es so, dass hier die Dosis das Gift macht, denn das Gehirn als Höchstleistungsorgan des Körpers benötigt Glukose, um zu funktionieren. Das ist der Grund, warum unterzuckerte Menschen ohnmächtig werden.» Der Experte ergänzt: «Doch bei einer dauerhaften Erhöhung des Blutzuckerspiegels durch zu viele und zu üppige Mahlzeiten und durch das ständige Naschen und Snacken nebenbei bringen wir das Fass zum Überlaufen und befeuern die Entstehung von neurologischen Krankheiten, allen voran von Demenz und Schlaganfällen.»
In Deutschland lag der Zuckerkonsum pro Kopf 2021/22 bei 33,2 kg, was fast dem Doppelten der empfohlenen Menge entspricht. In der Schweiz konsumierten die Menschen sogar noch mehr Zucker: 2021 waren es 36,5 kg und im Folgejahr 35,7 kg pro Kopf.
Zucker in Massen
Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV empfiehlt, dass zugesetzter Zucker nicht mehr als zehn Prozent der täglichen Energiezufuhr ausmachen sollte. Der Energiebedarf hängt vom Alter, Geschlecht und der Aktivität ab. Gemäss den Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung beträgt die Höchstmenge an Zucker pro Tag 42,5 bis 70 g für mässig aktive Erwachsene und Menschen mit sitzender Tätigkeit.
Zucker erhöht das Demenzrisiko
Zum einen schädigen hohe Blutzuckerspiegel die Hirngefässe und führen zu Ablagerungen an den Gefässwänden. Dadurch verengen sich die Gefässe, womit die Blutzufuhr und damit die Versorgung der Gehirnzellen mit Nährstoffen gedrosselt werden. Abhängig davon, welche Gehirnregion unterversorgt wird, sind verschiedene Einschränkungen möglich, wie zum Beispiel eine gefässbedingte Demenz.
In der Schweiz konsumierten die
Menschen im Jahr 2022 ganze
35,7 Kilogramm Zucker pro Kopf.
Zucker beeinträchtigt kognitive Funktion
Zuckermoleküle können die Kognition, also die Fähigkeit, Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und zu speichern aber auch direkt einschränken, indem sie die Funktion der Synapsen stören. Die Synapsen sind die Schaltstellen zwischen den Nervenzellen. Diese sind wichtig für die neuronale Plastizität, also die Fähigkeit von Nervenzellen und Gehirnarealen, sich anzupassen und bei Bedarf zu erweitern. Die Plastizität des Gehirns ist die Basis für die kognitive Entwicklung und das Lernen. Amerikanische Forschende haben schon vor 20 Jahren herausgefunden, dass eine fett- und zuckerreiche Ernährung die Plastizität des Hirns stört und sich dadurch genauso das Gedächtnis verschlechtert. Zwar erhöht sich zwei bis zwölf Stunden nach Zuckerkonsum die geistige Leistungsfähigkeit. Ein dauerhaft hoher Zuckerkonsum schädigt die kognitive Funktion des Gehirns jedoch nachhaltig.
Indirekte Schädigung des Gehirns durch Zucker
Seit den 1990er-Jahren weiss man, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes ein deutlich erhöhtes Demenzrisiko haben. Man nimmt an, dass der Glukose-Stoffwechsel auch in den Neuronen von Menschen mit Diabetes gestört ist, was zur Entstehung von Alzheimer beiträgt. Insulin spielt eine Rolle bei der Entstehung von Alzheimer-Plaques.
Verzicht auf Zucker – nicht einfach
Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung rät zu einem bewussten, möglichst geringen Zuckerkonsum. Der Grund dafür, weshalb es vielen Menschen so schwerfällt, auf Zucker zu verzichten, liegt ebenfalls im Gehirn. Nach der Aufnahme bereits einer kleinen Menge an Zucker sendet der Darm über den Vagusnerv Signale ans Gehirn, um dort ein starkes Verlangen nach weiterem Zucker auszulösen. Das könnte der Grund dafür sein, warum viele Menschen nach dem Konsum eines Stücks Schokolade gleich die ganze Tafel aufessen.
So kann es klappen
Newsletter
Jetzt anmelden!