Gestärkt aus der Krise

Konflikte am Arbeitsplatz kreativ lösen für besseren Teamgeist und höhere Leistung

Autor: Fabrice Müller

Wenn am Arbeitsplatz Konflikte schwelen, leiden darunter nicht nur die betroffenen Mitarbeitenden, sondern oft auch ganze Teams oder gar der Betrieb. Ein bewusster und kreativer Umgang mit Konflikten birgt jedoch die Chance auf mehr Teamgeist und bessere Arbeitsleistung.

Konflikte am Arbeitsplatz: Ursachen, Auswirkungen und Lösungen für eine gesunde Arbeitsumgebung

Die Zahlen sprechen für sich: 57 Prozent aller psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeiten werden durch Konflikte am Arbeitsplatz ausgelöst. Rund die Hälfte der Krankgeschriebenen verliert den Arbeitsplatz. Arbeitsunfähigkeiten aus psychischen Gründen dauern im Durchschnitt 218 Tage und sind in 95 Prozent der Fälle Vollzeit-Krankschreibungen. Dies sind Erkenntnisse aus einer repräsentativen Studie, die WorkMed, ein Kompetenzzentrum der Psychiatrie Baselland, gemeinsam mit SWICA durchführte. Laut einer Untersuchung des US-Dienstleistungs- und Forschungsunternehmen CPP erleben 85 Prozent der Beschäftigten unvermeidliche Konflikte am Arbeitsplatz. 29 Prozent der Beschäftigten gaben an, dass sie fast ständig mit Konflikten zu tun haben. Weltweit verbringen Arbeitnehmer/innen durchschnittlich 2,1 Stunden pro Woche damit, Meinungsverschiedenheiten am Arbeitsplatz zu klären.

Gründe für Konflikte am Arbeitsplatz: Wie unterschiedliche Interessen und Veränderungen Spannungen erzeugen

Wo Menschen zusammenarbeiten, kommt es unweigerlich zu Meinungsverschiedenheiten und Konflikten. Die Gründe für einen Konflikt sind unterschiedlich, wie Beatrice Sutter, Supervisorin und Führungspersonen-Coach bei trak Beratung & Bildung in Wabern BE, erklärt. «Auslöser für Konflikte am Arbeitsplatz reichen von unterschiedlichen Interessen, Einstellungen, Zielen bis zu anderen Wertvorstellungen und Haltungen.» Wie die SWICA-Studie ergeben hat, können zudem auch betriebliche Veränderungen wie Reorganisation, Chefwechsel und Personalabbau zu Arbeitsplatzkonflikten führen. Hinzu kommen auf der persönlichen Ebene Belastungen im familiären Umfeld, soziale Isolation sowie Persönlichkeits- und Verhaltensauffälligkeiten. Die spätestens seit der Corona-Krise aufgekommene Tendenz zu Homeoffice, verbunden mit Videokonferenzen statt Sitzungen vor Ort, habe die Art, wie mit Konflikten umgegangen wird, verändert, beobachtet Beatrice Sutter. «In Unternehmen, wo viele Mitarbeitende im Homeoffice arbeiten und sich physisch selten sehen, werden Konflikte weniger oder anders ausgetragen und meist vor allem im E-Mail-Verkehr nur unterschwellig angesprochen.» Dies sei nicht ideal für den Verlauf des Konflikts. Besser sei, ihn im persönlichen Austausch zu thematisieren.

Emotionen im Konflikt: Wie unterschiedliche Konfliktarten und emotionale Reaktionen den Arbeitsalltag beeinflussen

Jeder Konflikt ist anders. Beatrice Sutter, die aufgrund ihrer Beratungsfunktion in Unternehmen schon unzählige Konflikte begleitet hat, unterscheidet zwischen Ziel- und Interessenskonflikten, Beziehungs-, Werte-, Rollenkonflikten, Prozedurenkonflikten sowie Sachkonflikten. «Während sich bei Sachkonflikten die Gemüter meistens bald wieder beruhigen, sind bei anderen Konfliktarten oft starke Emotionen im Spiel, sei es zum Beispiel aufgrund von Anschuldigungen, Mobbing oder Ängsten», berichtet Beatrice Sutter. Entscheidend für den Verlauf eines solchen Konflikts sei die Fähigkeit der Menschen, mit negativen Emotionen umzugehen. Charakter, Persönlichkeit und biografische Erfahrungen spielen dabei eine wichtige Rolle. «Es gibt Menschen, die sind regelrecht ‹heiss› auf Konflikte, während andere solchen Streitereien bewusst aus dem Weg gehen», so die Supervisorin und Coach. Neben Spannungssituationen zwischen Menschen oder Teams zeichnen sich Konflikte auch dadurch aus, dass es keinen Handlungsspielraum im Umgang miteinander mehr gibt – oder ein Konflikt auf der persönlichen Ebene somatische Auswirkungen wie Kopfschmerzen oder Schlafprobleme verursacht.

Intern oder extern lösen? Wie effektives Konfliktmanagement die Zusammenarbeit verbessert

Der Umgang mit Konflikten ist eine Herausforderung – und Chefsache. «Es liegt in der Verantwortung der Vorgesetzten, ein Konfliktmanagement zu betreiben, Konflikte wahrzunehmen, anzusprechen und gegen den Mitarbeitenden ein Vorbild zu sein», betont Beatrice Sutter und fordert, dass Konfliktmanagement Teil der Firmenkultur sein sollte. Je nach Art und Schweregrads eines Konflikts reicht die Intervention der Chefin oder des Chefs nicht, um die Situation zu beruhigen. Dann empfiehlt sich, so Beatrice Sutter, eine externe Konfliktmoderation beizuziehen.

«In der Konfliktmoderation sind die betroffenen Mitarbeitenden und oft auch ganze Teams involviert», erklärt Beatrice Sutter. Wie geht der Coach bei Konfliktmoderationen in Unternehmen vor? «Zuerst werden die Spielregeln vereinbart. Dazu gehört zum Beispiel, dass man sich ausreden lässt und keine gegenseitigen Vorwürfe macht», sagt Beatrice Sutter. Auch lege sie Wert auf eine wertschätzende Kommunikation. Im Zentrum der Moderation stehe die Frage: Was wünschen Sie sich für die künftige Situation am Arbeitsplatz? Wie erreichen wir diese Ziele? Wie finden wir aus der derzeitigen Krise heraus? «Als Coach in Konfliktsituationen strebe ich eine Verkittung der Angestellten für eine bessere Zusammenarbeit an. Bei besonders herausfordernden Situationen helfen meist verbindliche Regeln für den Umgang untereinander.» In vielen Fällen jedoch habe das Konfliktmanagement zu einer Verbesserung des Arbeitsklimas geführt – sogar besser als vor dem Konflikt.

Konflikte als Chance: Wie der richtige Umgang mit Konflikten Innovation und Teamleistung fördert

Wenn mit Konflikten produktiver umgegangen wird, können auch die Unternehmen davon profitieren und den Erfolg ihrer Innovationsbemühungen steigern. Zu diesem Ergebnis kam Professor Wolfgang Scholl in einer gross angelegten Studie zum Thema «Conflicts in Innovation Process», die über zweieinhalb Jahre an der Abteilung für Organisations- und Sozialpsychologie der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt wurde. In einer Studie von Kjell B. Hjerto und Bård Kuvaasaus, Norwegen, ging es darum, die Beziehung zwischen drei Konflikttypen (dem kognitiven Arbeitskonflikt, emotionalen Beziehungskonflikt und emotionalen Aufgabenkonflikt) im Zusammenhang mit der Teameffektivität (Teamleistung und Arbeitszufriedenheit) zu untersuchen. Dabei kam heraus, dass der kognitive Arbeitskonflikt die Teamleistung negativ beeinflusst und sich der emotionale Beziehungskonflikt auf die Arbeitszufriedenheit des Teams negativ auswirkt. Interessant war jedoch das Ergebnis, dass der emotionale Aufgabenkonflikt sich auf die Teamleistung positiv auswirkt. Daraus lässt sich ableiten, dass Konflikte, die sich auf die Aufgabe beziehen und nicht persönlich werden, die Leistung positiv beeinflussen. Bei diesem Konflikttyp bleibt der Mensch emotional und ist dennoch aufgabenorientiert.

www.trak-beratung.ch

Newsletter

Jetzt anmelden!