Mehr Empathie – Weibliche Kommunikation
Ein Mann – ein Wort, eine Frau – ein …
Autor: Fabrice Müller
Weibliche Kommunikation
In der Kommunikation sind Frauen Männern oft überlegen. Warum nur? Was kann weibliche Kommunikation bewirken?
«Männer und Frauen sind nicht nur anders, sie sprechen und hören auch unterschiedlich. Männer setzen vor allem auf Zahlen und Fakten, Frauen stellen das Gesprächsklima und die Beziehung ins Zentrum ihrer Kommunikation. Sie kommunizieren emotionaler, Männer strukturierter und zielorientierter», berichtet die Audioagogin und Kommunikationsberaterin Hildegard Knill aus Uhwiesen ZH, die sich seit Jahren mit «Frauenrhetorik» beschäftigt. «Im Gespräch unter Männern geht es um Rangordnung und Macht, Frauen bauen Netzwerke. Männliche Kommunikation wirkt eher ab- oder ausgrenzend, weibliche dagegen integrierend und harmonisierend», erläutert Jutta Wepler aus Berlin, Trainerin und Karrierecoach an Universitäten und Hochschulen.
Gerade in der Geschäftswelt erweisen sich Frauen offenbar oft als intuitiver und diplomatischer, aber auch als zögerlich in der Entscheidungsfindung. Unter Männern spielen die Rangordnung und deren Klärung im Wettbewerb eine wichtige Rolle, während Frauen eher konsensorientierte Netzwerke ausbilden und Beziehungen wahren wollen. Das führe nicht selten dazu, dass Frauen in der immer noch überwiegend männlich geprägten Berufswelt mit ihrem geschlechterspezifischen Kommunikationsverständnis lauter Missverständnisse erleben und Aufstiegschancen verpassen. «Diese Unterschiede zwischen weiblicher und männlicher Kommunikation ist unbestritten. Man darf diese Prototypen allerdings nicht verallgemeinern, denn in jeder Frau und in jedem Mann sind auch typisch weibliche beziehungsweise männliche Kommunikationseigenschaften zu finden», informiert Hildegard Knill.
Mehr Empathie im Betriebsklima
Wie Jutta Wepler berichtet, passen sich viele Frauen in Unternehmen der dort herrschenden männlich geprägten Kommunikation an. Hildegard Knill ist überzeugt, dass durch den Zuwachs an Frauen in Führungsetagen mehr Empathie in das Betriebsklima und Kommunikationsverhalten einer Organisation Einzug hält. Wer die Sprache seiner Mitarbeitenden versteht, könne sie effektiv führen und fördern. Dadurch sei eine gleichberechtigte Kommunikation möglich, was letztendlich zu einem konstruktiven und angenehmen Betriebsklima beitrage. Aufgrund ihrer häufigeren Verwendung von indirekten Forderungen und Ich-Aussagen sowie durch das Schaffen einer angenehmen Gesprächsatmosphäre werde ein von Frauen gegebenes kritisches Feedback von männlichen Kollegen eher akzeptiert und angenommen.
In Streitgesprächen haben sich Frauen besser unter Kontrolle und können dadurch inhaltlich negative Aussagen diplomatisch anbringen. «Es wäre vermessen, zu behaupten, Frauen seien grundsätzlich erfolgreicher in der Kommunikation als Männer. Gerade auf der Karriereleiter lässt bei Frauen der Erfolg oft auf sich warten. Hingegen ist die weibliche Kommunikation von Erfolg gekrönt, wenn sie ausgleichend und harmonisierend wirken soll», sagt Jutta Wepler.
Eigenes Kommunikationsverhalten beobachten
Oftmals laufen Frauen Gefahr, beispielsweise in Führungspositionen männliche Stereotype zu imitieren, beobachten Hildegard Knill und Jutta Wepler. Dies bringe viele Frauen in einen grossen Rollenkonflikt. Denn häufig gelten die typisch männlichen Eigenschaften als gute Führungseigenschaften. Verhält sich eine Frau sehr entscheidungsfreudig, dominant und zielorientiert, werde sie als hart, kalt und streng diffamiert. «Damit eine Frau ihre kommunikativen Fähigkeiten nutzen kann, muss sie sich über ihr Wirken bewusst sein. Wenn eine Frau echt und sich selbst bleibt, merkt sie auch, welche weiblichen Stärken sie hat. Diese muss sie nutzen. Leider sind sich viele Frauen ihrer Stärken und Schwächen zu wenig bewusst», bedauert Hildegard Knill.
Ebenfalls nicht bewusst seien sich viele Menschen, wie sie in ihrem Kommunikationsverhalten wirken. Eine direkte, klare und konkrete Sprache ist der Schlüssel zum Ziel. Sogenannte «Weichspüler», also Worte und Wendungen wie «eigentlich», «ein wenig», oder «Ich will mal sagen, …», schwächen die Überzeugungskraft und Wirkung der Kommunikation (mehr zum Thema «Weichspüler» im Beitrag «Weichspüler vermeiden» auf www.rhetorik.ch).
Frauen bringen meist gute Schlüsselkompetenzen wie Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenzen mit in ein Unternehmen. Doch diese Fähigkeiten allein reichen laut Hildegard Knill nicht, um in der Wirtschaft erfolgreich zu sein: «Es braucht auch die entsprechenden Fachkompetenzen, die sozusagen die Basis für den beruflichen Erfolg bilden.» Wichtig sei weiter, das Konkurrenzdenken zwischen Frauen abzulegen. Gerne wird in Kommunikationskreisen von der sogenannten «Stutenbissigkeit» gesprochen, wenn sich Frauen untereinander das Leben schwer machen. Nur wer die Klaviatur männlicher und weiblicher Kommunikation gleichermassen kennt und einzusetzen weiss, ist die Königin des Spiels: die Dame im Schach. «Weibliche Kommunikation ist nicht selten erfolgreicher, weil viele Frauen in der Lage sind, Kopf, Herz, Sache und Emotionen einzubringen», so Hildegard Knill.
Rahmenbedingungen müssen stimmen
Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit weibliche Kommunikation zum Nutzen für ein Unternehmen werden kann? Frauen brauchen und schätzen eine persönliche Anerkennung ihrer Arbeit. Das Betriebsklima muss stimmen, damit die weiblichen Kommunikationsqualitäten zum Tragen kommen. Doch: «Leider wird der Qualität auf der Beziehungsebene in einer Firma oft zu wenig Beachtung geschenkt. Das ist schade, wirken doch gerade diese Aspekte vertrauensbildend und klimaförderlich», findet Hildegard Knill. Damit sich Frauen in Unternehmen engagieren und entfalten können, sind sie zudem auf Rahmenbedingungen wie geregelte Arbeitszeiten angewiesen, wie Jutta Wepler erläutert. «Nur so kann das volle Potenzial der Mitarbeiterin genutzt werden.» Weiter brauche es eine individuelle Förderung, damit sie mit den Rangspielen der männlichen Kommunikation umgehen könne. Zu guter Letzt muss ein Unternehmen gemäss Jutta Wepler überhaupt dazu bereit sein, das weibliche Kommunikationsverhalten in die Betriebskultur einfliessen zu lassen.
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