Vitamin B12, das tierische
Autor: KLAUS DUFFNER
Vitamin B12 ist als Co-Faktor für Enzyme in unserem Körper unverzichtbar. Es wirkt beispielsweise bei Zellteilungen, der Blutbildung sowie im Nervensystem. Normalerweise ist die Vitamin-B12-Versorgung über tierische Produkte gesichert. Wer auf sie verzichtet, sollte Ergänzungspräparate zu sich nehmen.
Eigentlich ist Vitamin B12 ein Sammelbegriff für eine Reihe von Verbindungen mit gleicher biologischer Wirkung. Ihnen gemeinsam ist ein Ringsystem, in dessen Zentrum sich das Metall-Ion Kobalt befindet. Deshalb wird Vitamin B12 auch als «Cobalamin» bezeichnet.
Schützt die Nervenhüllen
Wie viele andere Vitamine ist Vitamin B12 im menschlichen Stoffwechsel ein Coenzym, das die Enzyme bei ihrer katalytischen «Arbeit» unterstützt. Das Coenzym nimmt letztlich an nur zwei enzymatischen Reaktionen teil, die jedoch für eine Vielzahl von Prozessen im Körper wie Zellteilungen, die Blutbildung sowie die Funktion des Nervensystems unverzichtbar sind.
So ist das Funktionieren der Methylmalonyl-CoA-Mutase im Stoffwechsel aller Lebewesen zum Abbau von Aminosäuren, Fettsäuren und Cholesterin notwendig. Zum anderen unterstützt Vitamin B12 das Enzym Methioninsynthase bei der Katalyse der Aminosäure Methionin aus Homocystein. Damit ist das Vitamin an der Bildung und Reifung der roten Blutkörperchen beteiligt sowie der Produktion der DNA, was die Voraussetzung für Zellwachstum und Zellteilung ist.
Auch Folat, ein anderes B-Vitamin, könnte ohne Cobalamin nicht arbeiten, denn erst Vitamin B12 wandelt inaktives Folat in die aktive Form um. Gleichzeitig ist das Vitamin für das Nervensystem essenziell, denn es ist entscheidend an der Regeneration und Neubildung der Nervenfaser-Hüllen (Myelinscheiden) beteiligt. Sie gewährleisten die schnelle und störungsfreie Übertragung der Nervenimpulse.
Zudem hat Vitamin B12 auch seine Finger bei der Bildung wichtiger Hormone und Neurotransmitter im Spiel. Sie steuern beispielsweise unsere Hirnfunktion und dadurch unsere Wahrnehmung, Stimmung und Psyche.
Grosse Speicher in der Leber
Vitamin B12 hat eine Besonderheit: Unter allen wasserlöslichen Vitaminen ist es das einzige, das der Körper in grösseren Mengen über mehrere Jahre speichern kann. Weil sich diese Speicher in der Leber nur schleichend nach Wochen und Monaten entleeren, treten erst nach einem länger andauernden Vitamin-B12-Mangelklinische Symptome auf. Deshalb wird ein solcher in vielen Fällen erst spät entdeckt.
Leichte Symptome sind Kraftlosigkeit, Erschöpfung, Stimmungsschwankungen, Immunschwäche, Durchfall, eingerissene Mundwinkel (wie bei den meisten Vitamin-B-Defiziten). Schwere Symptome sind Schlafstörungen, Verwirrtheit, Gefühlsverlust an Händen und Füssen, ein Kribbeln in den Gliedmassen, Lähmungen, Nervenschmerzen, Sehstörungen oder Koordinationsprobleme. Auch Blutarmut, Reizbarkeit, Gedächtnisstörungen, Depressionen oder sogar Psychosen können auftreten.
Verschiedene Studien zeigten überdies, dass erhöhte Homocysteinwerte, wie sie teilweise durch Vitamin-B12-Mangel auftreten, im Zusammenhang mit Demenz stehen können. Homocystein gilt überdies als Risikofaktor für Arteriosklerose und Herz-Kreislauf-Krankheiten.
Fast nur in Lebensmitteln tierischen Ursprungs
Bei normaler Ernährung sind Vitamin-B12-Mangelerscheinungen unwahrscheinlich. Für ein Defizit können jedoch zwei Faktoren verantwortlich sein: Entweder eine unzureichende Versorgung oder eine schlechte Aufnahme respektive Speicherung des Vitamins. Vitamin B12 ist fast nur in Lebensmitteln tierischen Ursprungs enthalten, also in Fleisch, Fisch, Meeresfrüchten, Eiern und Milchprodukten (siehe Tabelle). Gemäss der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung liegt der Bedarf für Erwachsene bis 65 Jahre bei 4,0 μg pro Tag, bei Schwangeren (4,5 μg) und Stillenden (5,5 μg) ist er etwas höher.
Für sich vegan ernährende Menschen ist es sinnvoll, Ergänzungspräparate einzunehmen. Das ist insbesondere bei schwangeren und stillenden Frauen der Fall, da sonst für das Kind ein Risiko besteht, einen Vitamin-B12-Mangel zu entwickeln. Auch Menschen mit gestörter Resorption, etwa durch übermässiges Bakterienwachstum im Dünndarm (dort wird das Vitamin aufgenommen), Zöliakie, entzündliche Darmerkrankungen, AIDS oder nach Darmentfernung sollten auf ihren B12-Spiegel achten. Vitamin-B12-Überdosierungen sind hingegen unbekannt.
Dr. RER. NAT. KLAUS DUFFNER ist Biologe und seit über 20 Jahren als Wissenschafts- und Medizinredaktor tätig.
Tabelle: Vitamin-B12-Gehalt in Lebensmitteln (Beispiele)
Lebensmittel | Vitamin B12-Gehalt pro 100 g |
Vitamin B12-Gehalt pro Portion |
Kalbsleber, roh | 60 μg | 66 μg pro Portion (110 g) |
Kaninchen, roh | 10 μg | 11 μg pro Portion (110 g) |
Miesmuscheln, roh | 8,0 μg | 8,8 μg pro Portion (110 g) |
Lachs, wild, roh | 6,9 μg | 7,6 μg pro Portion (110 g) |
Emmentaler, vollfett | 1,67 μg | 0,5 μg pro Portion (30 g) |
Mozzarella | 1,4 μg | 0,8 μg pro Portion (60 g) |
Rindsragout, roh | 1,3 μg | 1,5 μg pro Portion (110 g) |
Eier | 1,3 μg | 0,7 μg pro Ei (55 g) |
Joghurt, nature | 0,3 μg | 0,5 μg pro Portion (180 g) |
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