Reif für die Karriere?
Wer bin ich? Was kann ich? Was will ich?
TEXT: FABRICE MÜLLER
Wer Karriere machen will, muss sich seiner Fähigkeiten und Ziele bewusst sein. Dann gilt es, den Arbeitgeber von den Karriereplänen zu überzeugen und vielleicht die passende Weiterbildung zu finden.
Wann bin ich reif für die Karriere? Auf welche Signale und Faktoren gilt es zu achten, wenn man im Beruf vorwärtskommen will? Für Brigitte Böhi, Berufs- und Laufbahnberaterin der Berufs-und Karriereberatung Böhi Christen GmbH in Zug, spielen fachliche wie auch soziale Argumente eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die nächsten Karriereschritte zu planen. «Fühlt sich die Person im Beruf fachlich sattelfest und verspürt den Wunsch, ihre Kompetenzen zu erweitern, ist das ein möglicher Hinweis auf die Karrierereife», sagt die Laufbahnberaterin. Auf der sozialen und persönlichen Ebene komme nicht selten der Wunsch hinzu, gewisse Führungsaufgaben zu übernehmen und zum Beispiel ein kleines Team zu leiten.
Karrieretempo stark von der Branche abhängig
Wie schnell man im Beruf Karriere machen kann, hängt stark von der Branche ab, in der eine Person arbeitet. In gewissen Berufen läuft der Karrieretakt schneller, sprich, man klettert bereits in jungen Jahren die Karriereleiter hoch. «Wenn in einer Branche viele Leute ohne eine fachspezifische Ausbildung tätig sind, stehen die Chancen gut, mit einem Fachabschluss und entsprechenden Weiterbildungen bald Führungsaufgaben übernehmen zu können», begründet Brigitte Böhi. In vielen Branchen ist es sehr individuell und abhängig von diversen Faktoren, wie schnell jemand Karriere machen kann. Karriererelevante Faktoren sind fundierte berufliche Erfahrungen, der eigene Leistungsausweis und gezielte Weiterbildungen, die Grösse des Betriebs, Selbstmarketing und manchmal auch gutes Vitamin B, sprich ein gutes Netzwerk.
Fach- oder Führungskarriere?
Karriere ist nicht gleich Karriere. Brigitte Böhi unterscheidet grundsätzlich zwischen Fach- und Führungskarrieren. «Wer den fachlichen Karriereweg einschlägt, möchte vor allem sein fachliches Know-how erweitern und vertiefen.» Der Wunsch, Verantwortung für ein Team oder eine Abteilung zu übernehmen, aber auch das Streben nach Entscheidungskompetenz und aktiver Mitgestaltung stehen bei der Führungskarriere im Zentrum. Ein gesundes Selbstbewusstsein erweist sich in solchen Fällen als hilfreicher Partner. Denn nun gilt es, die persönlichen Karrierepläne nach aussen hin zu kommunizieren – bei den Vorgesetzten, den Arbeitskolleginnen und -kollegen und schliesslich genauso im Gespräch mit Partnerin oder Partner. «In der Regel werden Karrierewünsche nicht vom Arbeitgeber, sondern von den Mitarbeitenden zur Sprache gebracht», führt Brigitte Böhi aus. Deshalb sei es wichtig, sich vor dem Gespräch mit den Vorgesetzten gut vorzubereiten. «Für den Arbeitgeber steht in solchen Gesprächen vor allem der Nutzen eines Karriereschritts für den Betrieb im Zentrum. Deshalb haben jene Karrierepläne die besten Chancen, die dem Unternehmen einen gewissen Mehrwert bringen.» Ob sich ein Arbeitgeber beispielsweise an den Kosten für eine Weiterbildung beteilige, hänge ebenfalls stark vom Nutzen ab, der sich dadurch für den Betrieb ergebe. Grundsätzlich könnten die Mitarbeitenden nicht einfach per se damit rechnen, dass sich ihr Arbeitgeber an den Kosten einer Weiterbildung beteilige. Grund: «Zum einen fehlt es in gewissen Firmen an Entwicklungspotenzial für die Karriere und Weiterbildung der Angestellten. Zum anderen werden heute immer mehr Arbeitnehmer zu sogenannten Ich-Unternehmern, die selbst die Verantwortung für ihre Karriere und Weiterbildungen tragen. Dazu gehört unter anderem auch, die Kosten für die Weiterbildung aus dem eigenen Portemonnaie zu bezahlen», erzählt Brigitte Böhi.
Wer bin ich? Was kann ich? Was will ich?
Am Anfang eines Karriereschritts, der nicht selten mit einer Weiterbildung verbunden ist, steht eine persönliche Standortbestimmung. Diese kann autodidaktisch mithilfe von Fachliteratur durchgeführt werden. Oder man nimmt die Begleitung einer professionellen Berufs- und Laufbahnberatung in Anspruch und erhält dadurch die Sichtweise einer aussenstehenden Fachperson. Dabei werden die Berufsleute konfrontiert mit Fragen wie: Wer bin ich? Was kann ich? Was will ich? «In einer Laufbahnberatung wird eine fundierte Auslegeordnung vorgenommen. Die eigenen Ressourcen, die persönliche Situation in Beruf und Privatleben und die künftigen Berufsperspektiven sind Teile einer solchen Beratung», erläutert Brigitte Böhi. Im Gespräch gehe es aber ebenso darum, zu erkennen, welche Art von Veränderung im Beruf sowie im Leben eines Menschen nötig sei.
Unübersichtliches Weiterbildungsangebot
Eine Herausforderung ist ferner die Wahl einer Weiterbildung. Das Angebot an Schulungen und Lehrgängen ist sehr umfangreich, unübersichtlich und in den letzten Jahren massiv gewachsen. Kein Wunder, fällt es manchen Berufsleuten schwer, eine Auswahl zu treffen. «Was vor zehn Jahren galt, ist heute zum Teil veraltet», stellt Brigitte Böhi fest. Gewisse berufliche Tätigkeiten seien in den letzten zehn Jahren verschwunden oder durch neue ersetzt worden. Für die Karriereplanung bedeutet dies: Die Planungsphasen werden kürzer. «Eine Karriere kann heute nicht mehr so langfristig geplant werden wie früher. Wichtig ist, sich auf den sich schnell verändernden Markt einzustellen und vorzubereiten. Denn niemand weiss, wie sich der eigene Beruf und der Arbeitsmarkt in Zukunft entwickeln werden.» Brigitte Böhi empfiehlt daher eine rollende Karriereplanung, in der der aktuelle Arbeitsmarkt und die eigenen Fähigkeiten miteinbezogen werden.
Mehr Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gefragt
Wer sich mit der Vielfalt an Weiterbildungen auseinandersetzt, um das passende Angebot zu finden, kann folgende Leitfragen zu Hilfe nehmen: Welches sind meine beruflichen Ziele? Welche Ziele strebt die Weiterbildung an? Deckt sie die Inhalte ab, die ich für mein berufliches Weiterkommen benötige? Ausserdem sind Rahmenbedingungen wie die Zulassungsbedingungen, die Kosten, der Zeitrahmen, die Anerkennung der Weiterbildung auf dem Markt und der Abschluss zu beachten. «KMU-Betriebe bevorzugen erfahrungsgemäss Mitarbeitende und Weiterbildungen mit starkem Praxisbezug. Dies ist aber je nach Branche und Tätigkeit unterschiedlich», stellt die Laufbahnberaterin fest. In Zukunft erwartet sie eine noch stärkere Fokussierung der beruflichen Tätigkeiten und Karrieren auf Projekt- und Mandatsbasis. Dies verlange von den Arbeitnehmern ein hohes Mass an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit.
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